Die erste Etappe ist entspannt. Am Nachmittag erreiche ich Venedig, von wo aus mich die Kriti I nach Griechenland bringen soll. Ganz langsam zieht der Schlepper Giulia C um kurz nach 6:00 Uhr abends das Heck des Schiffes aus der Parkbucht. Auf einem Logenplatz, direkt an der Reling sitzend, ziehen die Sehenswürdigkeiten Venedigs an mir vorbei. 27 Stunden später sind die Lichter von Igoumenitsa zu erkennen.

Kaum ein Fahrzeug ist am folgenden Tag auf der alten Landstraße vom Ionischen Meer zur Ägäis unterwegs, alle nutzen die neue Autobahn. Nach meinem ersten Fahrtag, abends in Asprovalta, genieße ich das erste Mal eines meiner Lieblingsgerichte, diese kleinen frittierten Fische – Gavri, Taramas und griechischen Salat. Die BMW parkt derweil auf der anderen Straßenseite.

Als ich da so sitze und in meinem Tagebuch schreibe, ruft mir ein rotbrauner deutscher Tourist im Trägershirt ein lautes „He, hallo!“ zu. Ich drehe mich um. „Wie war denn die Anreise?“ Ich dürfte einen ähnlich verständnislosen Blick drauf gehabt haben, wie damals in der Schule beim Ausfragen. Er legt nach: „Das ist doch Ihr Motorrad! Wie war denn die Anreise bisher?“ „Äh, problemlos“ antworte ich zögernd. Da dreht er sich zu seiner rotbraunen Frau und sagt: „Komm, wir gehen“. Was hat er erwartet? In ein paar Wochen hätte er mich mal fragen sollen!

Je näher ich der Türkischen Grenze in Ipsala komme, desto nervöser werde ich. Vor einigen Jahren bin ich dort tatsächlich in eine Radarfalle geraten. Motorräder dürfen in der Türkei nur 70 km/h fahren, was vollkommen lächerlich ist. Die Strafe war ziemlich heftig und ich hätte sie bei der Ausreise zahlen sollen - was ich natürlich nicht gemacht habe. Jetzt hatte ich Schiss, dass ich in den türkischen Datenbanken zusammen mit anderen Schwerverbrechern gespeichert bin und als Persona non grata nie wieder zu den Muselmanen einreisen darf.

Mit dem freundlichsten „Merhaba“, das man sich nur vorstellen kann, halte ich dem Vorposten meinen Pass unter die Nase. Der tippt meine Daten in sein System, grinst mich an und gibt mir den Pass zurück – „Güle güle – gute Fahrt“ meint er und schickt mich weiter zu Polizei und Zoll. Vollkommen problemlos reise ich in die Türkei ein... >>weiter lesen