Es gibt spannendere Fahrten, als die von der Grenze zurück nach Bangkok. Ein weiteres Mal steige ich im Baan Chay Namm Resort ab, esse Glasnudelsalat und scharfe Suppe, werde von Moskitos fast aufgefressen und vereinbare per Mail einen Termin für Morgen bei der Spedition. Trotz der Kosten entscheide ich mich, das Bike per Luftfracht nach Hause zu schicken. Die Firma ist eine Empfehlung von Touratech. Man überschlägt sich vor Höflichkeit, fordert Unmengen an Dokumenten, allein meinen Pass kopiert man fünf Mal und eröffnet mir, eine Woche Vorlauf bräuchten sie. Die Zeit will ich nutzen, um noch etwas Strandurlaub zu machen.

Das Resort befindet sich östlich von Bangkok beim Flughafen. Ich möchte die Landzunge im Westen hinunter. Dazwischen liegt Thailands Hauptstadt und diese wird geteilt von einem Fluss, dem Chao Phraya. Peter Scholl-Latour hat zu Zeiten des Vietnam-Krieges gesagt: „Wenn den Vietkong auch sonst auf seinem Vormarsch nichts stoppen wird, der Stadtverkehr von Bangkok schafft es“.

In den seither vergangenen 40 Jahren dürfte dieser noch weiter zugenommen haben, was die Thais veranlasst hat, gewaltige Highways auf Stelzen zu setzen, über die zumindest der Durchgangsverkehr reibungslos fließt. Und genau diese Highways sind für Motorradfahrer gesperrt.

Für mich bedeutet dies, mehr oder weniger auf Nebenstraßen die Metropole mit knapp 15 Millionen Einwohnern zu durchqueren. Ich habe schon mehr gelacht, als bei diesem Unterfangen. Als ich dann auch noch erfahre, dass selbst die Brücken über den Fluss gesperrt sind und man eine poplige Fähre nehmen muss, schaltet sich mein Gehirn auf Standby, um wenigstens ansatzweise Gelassenheit zu demonstrieren. Gut, dass ich an diesem Tag viel Zeit habe, mit guter Laune zumindest gestartet bin und auch ein Stück weit mit so etwas gerechnet habe. Das gleiche abends nach hunderten von Kilometern, müde, verschwitzt, womöglich noch im Regen, ich wäre vermutlich ausgetickt.

Doch schließlich erreiche ich den Highway 35, den ersten westlich von Bangkok, der mit Motorrädern wieder zu befahren ist und bin am Abend an meinem Ziel in Ban Krut. Den Ort kenne ich ebenfalls von früher. Unser erster Thailand-Urlaub führte uns hierher. Ein 20 km langer Sandstrand, unterbrochen von einem Felsen, auf dem einer der schönsten Tempel Thailands steht.

Die Nana Chart Group hat hier ein nettes Resort errichtet, und der Bungalow mit Blick aufs Meer ist genau das, was ich gesucht habe. Nach 74 Tagen, davon fast jedem auf dem Motorrad, ist nun Erholung am Strand angesagt. Auf einer der Liegen mache ich es mir bequem mit dem festen Vorsatz nichts anderes zu tun, als zu entspannen. Eine Stunde später ist mir langweilig. Tapfer halte ich durch bis zum Nachmittag, dann beginnt es zu Regnen. Regen hatte ich das erste Mal in Laos, vorher keinen Tropfen, Ein paar Mal wurde ich richtig nass. Tropischer Regen beginnt von einem Meter auf den anderen, als ob ein Eimer ausgeleert wird. Hält man an, um die Regenjacke anzuziehen, ist man schon nass. Zieht man sie vorher an, ist man auch nass – vom Schweiß.

Normal dauert der Regen nie lange. Dieser macht eine Ausnahme. Die ganzen drei Tage schifft es ohne Ende. Statt mich am Strand zu langweilen, schneide ich im Bungalow die Videos, sortiere Bilder und unterhalte mich mit den anderen Touris auf der überdachten Terrasse.

Eine schweizer Touristin, die sich hier ein halbes Jahr einquartiert hat, macht den Vorschlag, den wöchentlichen Markt in Ban Krut zu besuchen. Markt ist immer gut und was will man bei dem Pisswetter schon anderes machen.

2/3 der Stände haben etwas mit Essen zu tun - ganz Thailändisch. Es gibt (fast) alles. Köstliches Brathuhn, seltsam gelbe Calamari, irgendwelche Innereien, knallbunte Süßigkeiten und Früchte, deren Bezeichnung ich erst auf der Obsttafel bei Wikipedia nachschauen musste.

Ganz kurz keimt in mir der Gedanke auf, weiter in den Süden, bis Kuala Lumpur zu fahren, doch irgendwie ist die Luft raus. Noch mal 1000 km auf Autobahnen in ein weiteres Industrieland muss nicht sein.

Die Reise, wie ich sie machen wollte, habe ich gemacht. So packe ich ein letztes Mal die BMW und quartiere mich ein drittes Mal im Baam Chay Namm Resort ein. Ob sie wirklich verstanden haben, warum ich fast im wöchentlichen Rhythmus dort auftauche? Ich weiß es nicht.

Am 21. November um 13 Uhr fahre ich mit einem Mitarbeiter der Spedition “Aircargo” zum Schreiner. Die BMW verschwindet sukzessive hinter Brettern und am Nachmittag bin ich Fußgänger. Wie man den Thailändischen Zoll davon überzeugen möchte, dass in der Kiste tatsächlich mein Motorrad ist und nicht eine Ladung Uranbrennstäbe, weiß ich nicht, ist mir aber auch ziemlich egal. Ich bin einfach nur schlecht gelaunt. Ein paar Bier Singha später geht der Zustand in Melancholie über. Bevor die Depression einsetzt, schlafe ich glücklicher Weise.

Mein Flug geht einen Tag später mitten in der Nacht mit Egypt Air über Kairo. München erreiche ich am Freitag, den 23. November. Die BMW fliegt mit Korean über Seoul und wird am Montag eintreffen... >>weiter lesen